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18. Mai 2015

Kinderbetreuung: U3-Zuschlag nicht erhöhen!



Redebeitrag von Michael Wechsler in der Gemeinderatssitzung am 18.25.2015 "In Esslingen sind Kinder willkommen!“ Das ist die Botschaft, die Familienpolitik an junge Erwachsene aussenden sollte. Wir stellen ausdrücklich fest, dass Esslingen in Sachen Kinderbetreuung mit hohem finanziellem Aufwand ein hervorragendes Angebot vorhält, das seinen Preis hat. Aus kommunaler Sicht kann dieses Angebot nur aufrechter halten und ausgebaut werden, wenn sich auch die Eltern mit Beiträgen an der Finanzierung beteiligen. Da die Kosten steigen, steigen zwangsläufig auch die Beiträge. Der Vorschlag der Verwaltung zur Neuregelung der Elternentgelte für die städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen ist im Großen und Ganzen ausgewogen und maßvoll. Richtig ist auch, an der sozialen Staffelung der Beiträge festzuhalten. Das alles tragen wir aus Überzeugung mit. Nur bei einem Punkt wollen wir eine Korrektur: Eine weitere Erhöhung des U3- Zuschlags halten wir für falsch. Deshalb stellen wir dazu einen Änderungsantrag, den ich gerne begründen möchte.
Wir haben eine gesellschaftliche Entwicklung, die von Statistischem Landesamt, von Marktforschungsinstituten, aber auch von der Stadtverwaltung in Zahlen gefasst wurde: Immer mehr Eltern wünschen sich, dass beide Partner berufstätig sein können, und dass sie Familie und Beruf unter einen Hut bekommen, indem sie gute Kinderbetreuungseinrichtungen vorfinden. Deshalb wird der Bedarf gerade im Bereich der U3- Betreuung in den nächsten Jahren weiter ansteigen. Dazu kommt eine zweite Entwicklung: Immer mehr junge Mütter wollen früh, etwa nach einem Jahr nach der Geburt des Kindes, wieder in den Beruf einsteigen. Manche müssen das, viele wollen es. Auch letztere haben gute Gründe dafür, denn je länger die Babypause dauert, desto größer klaffen die Einkommensunterschiede später auseinander. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass gerade in dieser Lebensphase die beruflichen Weichen gestellt werden – und zwar weit in die Zukunft, das hat Auswirkungen bis in die Rente hinein. Anstatt am Equal Pay Day Krokodilstränen zu vergießen, dass Frauen und Männer noch immer große Einkommensunterschiede haben, sollten wir lieber schauen, was wir in unserer eigenen Verantwortung tun können. Ein Drehen an der Schraube U3- Zuschlag ist auf jeden Fall das falsche Signal. Übrigens auch an diejenigen, die wir als Fachkräfte in die Stadt locken wollen. Wir alle wissen doch: Kinderbetreuung ist auch ein Standortfaktor. Die sogenannte Landesempfehlung (100% U3- Zuschlag), die ja nicht etwa eine Empfehlung des Landes ist, sondern eine Empfehlung der kommunalen Verbände sowie der kirchlichen Träger von Kinderbetreuungseinrichtungen, geht an der Realität vorbei: Ein U3- Kind kostet nur in der Theorie doppelt so viel wie ein Ü3- Kind. Wir haben in unseren Kitas z.B. altersgemischte Gruppen, weshalb auch ältere Kinder vom besseren Betreuungsschlüssel profitieren. Und wenn U3- Kinder schon um 14 Uhr abgeholt werden, macht die zusätzliche Erzieherin deshalb nicht früher Feierabend. Ich weiß, dass es 2012 einen interfraktionellen Kompromiss gab, den U3- Zuschlag in Stufen auf 50% anzuheben. Aber es gibt dazu eben neue Sachverhalte. So haben sowohl der Bund als auch das Land die Förderung der Kommunen im Bereich der U3- Betreuung spürbar angehoben: Der Bund neben einer generellen Aufstockung der Mittel nun seit dem 1.1.2015 mit seinem Gesetz zum weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren. Das Land seit 2012 mit dem Pakt für Familien mit Kindern; seit 2014 zahlt es 68% der Betriebskosten der Kleinkindbetreuung. Erst letzte Woche hat es der Verwaltungsausschuss schwarz auf weiß bekommen, dass zur Deckung der Steuerrückzahlung in Höhe von 17,5 Mio. € u.a. Mittel in Höhe von 760.000€ verwendet werden, die höhere Zuschüsse des Landes a n die Stadt sind, und zwar ausdrücklich für die U3- Betreuung.
Der Betrag, über den wir hier reden, macht gerade einmal rund 10% dieser erhöhten Landeszuschüsse aus, nämlich ca. 77.000€. Während also Bund und Land endlich ihren Worten nun auch Raten folgen lassen und bevorzugt für die U3- Betreuung Mittel geben, wollen wir gerade in dem Bereich die stärksten Beitragserhöhungen beschließen – das passt nicht zusammen. Und es wäre – wie ausgeführt – gesellschaftspolitisch, wirtschaftspolitisch und bildungspolitisch verkehrt. Kinder kommen als Neugeborene zur Welt und nicht mit drei Jahren, weil sie da billiger sind. Lassen Sie uns daher ein Signal an aktuelle und künftige Eltern aussenden, das lautet: „Kinder sind in Esslingen willkommen!“ Und zwar von Anfang an. Konkret beantragen wir, die Ziffern 1. und 2. der Vorlage jeweils so zu ändern, dass in den als Anlagen mit beschlossenen Gebührentabellen der  Zuschlag für die unterdreijährigen  Kinder statt 50% lediglich 40% beträgt, so wie es bisher der Fall war. (Wir legen die Formulierung schriftlich vor.)
Alle anderen Änderungen der Gebührentabellen sowie die Ziffern 3 bis 5 werden von diesem Änderungsantrag nicht berührt. Es gilt das gesprochene Wort.